Vorderladerschießen mit langer Tradition

Viele Städte unterhielten zum eigenen Schutz Schießgesellenkompanien, die Vorläufer der Schützengesellschaften: Die Bewaffnung bestand aus der Armbrust in verschiedenen Variationen. Nicht genau zu datieren ist das Aufkommen von „  Feuerrohren“. Die damalige Standartwaffe der Schützen war wohl der Vorderlader. Von dem Lichtenfelser Büchsenmacher W. Ansorg sind in Privatbesitz und auch im Stadtmuseum einige gute Stücke vorhanden. Bei dieser Waffenart war der Lauf am hinteren Ende mit einer Schwanzschraube verschlossen. Die Ladung musste von der Mündung her in der richtigen Reihenfolge eingebracht werden. Das war sehr umständlich. So gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Metallpatronen und die Zündhütchen  erfunden. Vereinzelt wurde bei uns noch bis 1910 mit Vorderladern geschossen.

In einem Prolog zur Hundertjahrfeier 1910  hat der hochwürdige Stadtpfarrer Herr Philip von Hartung gesagt:“ Wenn in Lüften ,dann zerstob der Rauch „ . Ein klarer Hinweis auf Schwarzpulver, also Vorderlader.

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Rudolf Großmann beim laden seines Vorderlader-Gewehres

Nachdem beim Militär längst das rauchlose Nitropulver Verwendung fand, dauerte es doch noch einige Jahre, bis mit der Erfindung der Frohnpatrone (1875) auch der Hinterlader bei den Schützen Einzug hielt. Der Feuerstutzen, wie wir ihn auch heute noch als Traditionswaffe kennen, war geboren und wurde im cal.8,15x46R die Standartwaffe der privilegierten Schützengesellschaften . Das war so bis 1945. Am Ende des 2. Weltkrieges wurden fast alle, hervorragend gearbeiteten Feuerstutzen zerstört. Wenige gute Stücke gelangten als Kriegsbeute in die USA. Etliche sind wieder zurückgekommen und werden zum Traditionsschießen verwendet. Leider war das Schießen damals nicht gerade billig, wodurch sich das nur gut betuchte Schützen leisten konnten. Viele Schützen haben ihre Patronen selbst geladen. Dafür gab es Troisdorfer Pulversäckchen zu kaufen. Je eine Ladung, ca. 0,6 Gramm Pulver in nitriertem Papier, konnte von Hand in die Hülse eingebracht werden.

Für alle anderen Schützen wurden bei der Fa. Fritz Großmann Patronen geladen.

Als erstes musste das abgefeuerte Zündhütchen entfernt werden. Das wurde bei der damalig vorherrschenden Berdan-Zündung mit einem Spezialwerkzeug gemacht. Selbstlader benutzten dazu eine Spezialzange. Heute dominiert die Boxerzündung. Dabei kann das abgeschossene Zündhütchen mit einem Dorn ganz einfach ausgestoßen werden. Dann erfolgte die Reinigung der Hülsen. Heute verwendet man dafür einen Tumbler mit Walnussgranulat. Der nächste Arbeitsschritt war das Kalibrieren. Das heißt, die Hülse wurde mit einer Spindelpresse in eine Matrize gepresst. Dabei war es nötig die Hülse ganz dünn einzufetten. Wurde das unterlassen, hatte es fatale Folgen. Da konnte man die Matrize wegschmeißen. Das war teuer.

Zum Einfüllen des Pulvers( Walsroder Büchsenpulver Marke Wolf) benutzte man eine  Pulverfüllmaschine.

Zum Setzen des Geschosses diente ein spezieller Kugelsetzer aus Messing. Als Geschosse waren damals vorwiegend 3 Typen im Einsatz, L 18,15 , D 8,15 , 16 Hart.

Zu guter Letzt wurde das Geschoss noch in flüssiges Hirschtalg getaucht. 

Die fertige Patrone kostete am Schießstand 6 Pfennige, bei Rückgabe der leeren Hülse. Eine verschlamperte Hülse kostete immerhin noch 10 Pfennig. Dafür war damals fast 1 Maß Bier zu kaufen (12 Pfennig), also teuer. Geschossen wurde von der jetzigen Bar aus in  einen Jahrhunderte alten Schießgraben auf 175  Meter.  Als Abschluss diente eine mächtige Sandsteinschießmauer. Davor war der Zieler – Unterstand angeordnet. Wechselweise haben 12 Scheibenlifter jeweils eine von zwei Scheiben hochgezogen, während die beschossene Scheibe unten im Handbereich des Zielers stand, der dann auf einem Brett mit 12 Löchern , mit einer Kelle den Treffer anzeigte und das Schussloch zukleben konnte. Der Oberzieler hatte auch den Böller zu besorgen. Ein Böllerschuss am Anfang des Schießens und ein ebensolcher am Ende.

Am Schützenstand war bei jedem Schützen ein Schreiber tätig, der den jeweiligen Treffer in die Boulette einzutragen hatte. Meist waren da 12jährige Buben und Mädchen mit Stempeln im Einsatz. Die Zieler hatten eine eigene Uniform, die sie bei Festzügen tragen konnten. Auf einem Bild von 1951 liegen 3 Zieler in Kluft vor den Schützen.

Mit den originalen Feuerstutzen werden alle Jahre bayrische Traditionsmeisterschaften in München-Allach durchgeführt. Einige Schützen unserer Gesellschaft haben eine solche alte Waffe erwerben können und nehmen damit auch an diesen Meisterschaften teil.

Auch diese Schützen müssen ihre Patronen selbst laden. Das ist heute um einiges leichter als damals .Es gibt dafür spezielle Ladepressen, womit man entzündern, kalibrieren und Zündhütchen setzen kann, in einem Arbeitsgang. Zum Pulverfüllen sind neben Schöpfmaßen auch Füllmaschinen im Einsatz. Auch das Einsetzen der Geschosse macht man mit dieser Ladepresse.

Weil im Winter die Schießbahn nicht benutzt werden konnte, haben findige Büchsenmacher die nun übrigen Vorderlader zu Zimmerstutzen umgebaut. Dazu wurde der Lauf vorne aufgebohrt und ein cal. 4 mm Läufchen eingesetzt. Mit einem herausnehmbaren Ladelöffel konnte das Zündhütchen und das Kügelchen eingebracht werden. Von dem außenliegenden Hahn führte eine Eisenstange durch den Lauf auf die Patrone (als Schlagbolzen).

In unserem Schützenhaus wurde im Winter im Vorsaal geschossen. Vier Scheiben waren an der Wand zur Turnhalle, bei der Küchentüre angebracht. Davor saßen durch eine Blechplatte geschützt, die Zieler. (wie draußen auch). Auf einer Reihe von Tischen waren längs Blechplatten aufgestellt, als seitliche Begrenzung der Schießbahn.  Dieses nun billige Schießen führte dazu, dass auch weniger bemittelte Schützen mitschießen konnten. Es bildeten sich auch Zimmerstutzen Schützenverein, die nur 10 bis 15 m lange Schießbahnen in einem Wirtshaus benötigten.

Ein besonderer Fortschritt war die Erfindung der Stiegeler – Mechanik, wodurch das Laden sehr vereinfacht wurde. Parallel zu den Feuerstutzenmeisterschaften in Allach wird auch  eine Meisterschaft mit  originalen Zimmerstutzen geschossen.

Mit wiederaufleben der Schützengesellschaften nach dem Krieg, feierte das Luftgewehr seinen Einzug und verdrängte Feuerstutzen und Zimmerstutzen. Angefangen 1949 mit Kipplaufgewehren wurden die Luftgewehre stetig weiter vervollkommnet, so dass wir heute ein hochpräzises Sportgerät als Standartwaffe der Schützengesellschaften haben.

Nicht zu vergessen ist auch der Kleinkaliber im cal.22 lfb der auch früher schon als billige Konkurrenz zum Feuerstutzen in Erscheinung getreten ist und bei einigen Gesellschaften Standart Waffe geblieben ist.

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Seit den 70er Jahren haben einige Schützen den Vorderlader wiederentdeckt und nehmen an diversen Schießen und Meisterschaften teil. Mit großen Nationalen und Internationalen Erfolgen. Der Zugang zu dieser Waffenart ist behördlich erschwert. Es wird ein Pulverschein benötigt, das ist eine Erlaubnis nach § 27 Sprengstoffgesetz. Das Gleiche gilt auch für die Wiederlader von Gewehr und Kurzwaffen Munition im Großkaliber und auch für die Böllerschützen, die nicht nur bei den Schützenfesten in Lichtenfels, Marktzeuln und Schwürbitz auftreten, sondern auch an großen Böllerschützen-Treffen teilnehmen.

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Pistole 25 m Revolver 25 m
   
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Gewehr 50 m Gewehr 50 m
   
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Kurs Vorderladerschiessen  Vorderladerschiessen ist noch Handwerk 

 

Beitrag von Rudolf Großmann

ehem Ehrenmitglied, ehem. Geschoßmeister und Sportleiter der Gesellschaft, verstorben 2016