Die Ehrenscheiben im Wandel der Zeit

In früheren Zeiten war das gute Schießen unter Umständen die Lebensversicherung für die Stadt. Und auch die Schützen brauchten Ziele, an denen sie ihre Schießleistungen messen konnten.
Die ersten Ziele waren die Holzvögel bei den bis in unsere Zeit erhaltenen Vogelschießen. Diese kunstvoll bemalten Holzvögel waren für die großen Preisschießen zu aufwendig und zu teuer. Also behalfen sich die Schützengesellschaften mit einer Zielwand, auf der ein Stück Leder oder seltener Papier (das im Mittelalter noch sehr wertvoll war) aufgepinnt war. In der Mitte dieser Scheibe war ein Nagel angebracht („Den Nagel auf den Kopf treffen“) . Um diesen Nagel wurde mittels einer Schnur ein zwischen 10 und 16 Zentimeter großer Kreis gezogen, der sogenannte „Zweck“. Dieser Kreis war das Ziel; wer nicht in den Kreis schoss, kam nicht in die Wertung. Sieger wurde derjenige, dessen Schuss am nächsten zum Kreis lag. Nachdem die Feuerschützen die Armbrustler abgelöst hatten, wurden die Scheiben dann aus Holz gefertigt. Das Ziel auf den bis zu knapp zwei Meter großen Scheiben (die durchaus auch eckig sein konnten) wurde nun mit schwarzer Farbe aufgemalt. Ringe, wie wir sie heute kennen, kommen erst in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges auf, als sich die Qualität der Feuerwaffen erheblich verbessert hatte.


Die Scheiben wurden kleiner, und es wurden zwischen sechs und zwölf Ringe in gleichem Abstand aufgemalt. Die bemalten Schützenscheibe hat zum einen den Ursprung des bemalten Holzvogels und (vermutlich aus Österreich kommend) in der „Türkenscheibe“. Die Krieger des osmanischen Reiches waren gefürchtet und hatten weite Teile des Habsburger Reiches erobert. Der „Türke“ galt im Österreich des 15. und 16.Jahrhunderts als „der Feind“. Und der wurde auf die Schützenscheiben als Ziel gemalt. Schnell wurden auch andere Themen für Schützenscheiben gefunden; so beispielsweise „Jungfrauenscheibe“, meist mit einem Einhorn dekoriert, oder aber auch zeitgeschichtliche Ereignisse wie Friedensschlüsse oder Regierungswechsel. Es konnte auch vorkommen, dass eine Scheibe zu mehreren Schießen hergenommen wurde. Es wurde dann einfach an einer anderen Stelle der Scheibe ein neues Ziel und einige Kreise aufgemalt. Als Papier nicht mehr handwerklich beim „Büttner“, sondern industriell erzeugt werden konnte, verlor die hölzerne Schützenscheibe bald an Bedeutung als Ziel bei den allgemeinen Schießen. Auch war die Druckkunst soweit fortgeschritten, dass nunmehr Papier- bzw. Kartonscheiben deutlich billiger als bemalte Holzscheiben waren. Doch für besondere Schießen wie das Königsschießen wurden nach wie vor zumindest im alpenländischen Raum bemalte Holzscheiben hergenommen. Nun aber entwickelte sich ein ganz neuer Brauch: die bemalten Holzscheiben wurden zu Ehrengaben und zu zeitgenössischen Dokumenten, auf denen Schützenkönige, Meister usw. verewigt werden konnten. Inzwischen hat sich die Scheibenmalerei zu einer eigenen Kunstgattung weiterentwickelt, in der sich regionale Elemente sowohl in der Technik der Gestaltung, aber auch in der Themenauswahl widerspiegeln. Schützenscheiben sind also ein Stück Volkskultur und zahlreiche professionelle und semiprofessionelle Scheibenmaler sorgen dafür, dass dieser Brauch nicht aussterben wird.


Somit lässt sich feststellen, dass Schützen auch sehr kunstsinnige Menschen sind. Und das war zu allen Zeiten so. Anders lässt es sich nicht erklären, dass neben Schützenscheiben wertvolle Ketten, reich bestickte Fahnen, silberne oder goldene Königspokale und selbstverständlich reich verzierte Zimmer- und Feuerstutzen zum Fundus jeder renommierten Schützengesellschaft gehören.
Viele dieser kleinen und großen Kunstwerke haben allerdings die vielen Kriege und wirren der Zeit nicht überstanden, viele wurden als Kriegsbeute in aller Herren Länder verschleppt und sind in Privatbesitz übergegangen.
Doch findige Schützenmeister erkannten zu allen Zeiten die Zeichen der Zeit und lagerten die Kunstschätze ihrer Gesellschaften an sichere Orte aus. So konnten zahlreiche wertvolle Insignien des Schützenwesens der Nachwelt erhalten bleiben.


Zu erwähnen ist außerdem das Schießen auf Glückscheiben. Es kam im 16.Jahrhundert auf und bot auch den schlechten Schützen eine Chance, Gewinne zu erzielen, bei denen es sich überwiegend um Sachpreise handelte. Bei den Glücksscheiben schätzte man den Treffer in das Zentrum am niedrigsten ein. Auf den frühen Glücksscheiben waren am Rande kleine Ringe aufgezeichnet, einer davon galt als Siegerpunkt und wurde doppelt bewertet. Das Schießen auf Glückscheiben war besonders im mitteleuropäischen Raum sehr beliebt, es setzte sich aber auch in den Vereinigten Staaten von Amerika durch und wird dort vereinzelt auch gegenwärtig noch zur Unterhaltung betrieben.

Die älteste noch vorhandene Schützenscheibe der „Königlich privilegierten Scharfschützengesellschaft Lichtenfels“ stammte aus dem Jahr 1898. Ein Großteil der historischen Ehrenscheiben wurde zum Ende des 2.Weltkrieges zerstört bzw. von im Schützenhaus Einquartierten als Brennholz benutzt.

Die vorhandenen Ehrenscheiben stellen ein einzigartiges Zeitdokument über die letzten Jahrzehnte dar.
Die „Gewinner“ der Scheiben, die alle Jahre diese Scheiben stifteten haben bei der Motivwahl darauf geachtet, nicht nur reine Schützenmotive, sondern in erster Linie Themen darzustellen, die im Stiftungsjahr die Menschen bewegten. Da finden sich Personen der Zeitgeschichte ebenso wie regionale oder nationale Baudenkmäler oder Themen der Zeitgeschichte wie die Wiedervereinigung. Da ist, zu mindest für die jüngere Vergangenheit in fast ununterbrochener Reihenfolge für jedes Jahr eine Scheibe vorhanden, die einen kunsthistorischen Rückschluss über die Entwicklung des entsprechenden Künstlers zulässt.

1898 Ehrenscheibe Lichtenfels Unteres Tor 1914 Hauptschieen Hubertus
1898 - Älteste noch erhaltene Ehrenscheibe
1914 - Heiliger Hubertus
1922 Ehrenscheibe Mainwiesen 1933 Ehrenscheibe Lichtenfels Unteres Tor
 1922 - Die Mainwiesen  1933 - Das Untere Tor in Lichtenfels
 1934 Ehrenscheibe Lichtenfels Coburger Tor  1935 Ehrenscheibe Leipzig Vlkerschlachtdenkmal
 1934 - Das Coburger Tor
(das Tor wurde für den Bau der Bahn abgerissen)
 
1935 - Völkerschlacht Denkmal Leipzig
 1950 Schtzenfest Schloss Banz  1950 Schtzenknig Lichtenfels Nachtleben
 1950 - Die Mainwiesen mit Schloss Banz
 1950 - Nachtleben am Marktplatz
 1956 Ehrenscheibe Taube Weber  1956 Hauptschieen Udo Krauss
1956 - Friedenstaube
1956 - Ehrenschützenmeister Udo Krauss
 1958 Ehrenscheibe Auerhahn  1960 Ehrenscheibe Hirsch
 1958 - Auerhahn  1960 - röhrender Hirsch
 1960 Ehrenscheibe Jubilum Schtzenemblem SSG  1960 Jubilumsscheibe Lichtenfels Stadtansicht
 1960 - Gesellschaft Emblem - Jubiläumsscheibe  1960 - Lichtenfels Altstadt - Jubiläumsscheibe
 1961 Ehrenscheibe Huser her  1961 Ehrenscheibe Uhrmacher
 1961 - Der Spätheimkehrer  1965 - Der Uhrmacher
 1966 Bavaria Mnchen  1969 Ehrenscheibe beim Tanz
 1966 - Bavaria  1969 - Die Tänzer
 1969 Fahnenjubilum Lichtenfels Marktplatz  1972 Ehrenscheibe Zieler vor Olympiastadt Mnchen
 1969 - Fahnenjubiläum - Die Postkutsche  1972 - Der Zieler
1972 Knigsscheibe Hoch die Glser 1973 Ehrenscheibe Spielmannszug
1972 - Die Zecher 1973 - Die Musikanten
1975 Ehrenscheibe Bamberg Jahrtausendfeier 1975 Ehrenscheibe Landsknecht
1976 - Der Bamberger Reiter - 1000 Jahre Bamberg 1975 - Der Landsknecht
1977 Ehrenscheibe Spielmannszug Pauke 1977 Standerffnungsschieen Oberzieler
1977 - Der Spielmannszug 1977 - Oberzieler Albrecht Geldner
1980 Ehrenscheibe Lichtenfels Stadtansicht 1981 Ehrenscheibe Lichtenfels Unteres Tor
1980 - Stadt Lichtenfels 1981 - 750 Jahr Stadt Lichtenfels
1981 Jubilumsscheibe Vorderladerschieen Lichtenfels Burg 1981 Vorderladerschieen Cavalerie
1981 - Die Burg Lichtenfels - 750 Jahre Stadt Lichtenfels 1981 - Kavallerie - Vorderladerschießen
1982 Ehrenscheibe Burgkunstadt 1982 Gedchtnisscheibe
1982 - Burgkunstadt 1982 - 
1983 Ehrenscheibe Seubelsdorf 1985 Ehrenscheibe Lichtenfels Rathaus
1983 - Seubelsdorf Kriegerdenkmal 1985 - Rathaus Lichtenfels
1986 Ehrenscheibe Reundorf 1986 Sauscheibe Laufender Keiler
1986 - Reundorf 1986 - Sau Schiessen - Laufender Keiler
1987 Ehrenscheibe Lichtenfels Mauergasse

Leider sind unsere zeitlichen Kapazitäten

nur begrenzt - bitte habt Geduld die weiteren

Scheiben werden im laufe der Zeit noch

fotografiert und hier veröffentlicht.

1987 - Lichtenfels Mauergasse